Unsichtbare Armut: Jeden zweiten Tag eine Zwangsräumung in Bochum

Häufiger als jeden zweiten Tag wird in Bochum eine Wohnung zwangsgeräumt. Das teilt die Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Rat mit. „Diese Verhältnisse dürfen wir nicht mehr als Normalität akzeptieren“, sagt Horst Hohmeier, Mitglied der Fraktion DIE LINKE. im Bochumer Rat. „Zwangsräumungen sind eine besonders brutale Folge des Zusammenspiels einer verfehlten Sozialpolitik mit dem wohnungspolitischen Versagen der rot-grünen Rathauskoalition.“

Horst Hohmeier

Wie die Verwaltung mitteilt, sind 2016 bis zum 14. Oktober insgesamt 146 Zwangsräumungen durchgeführt worden, angesetzt waren sogar 205. Im vergangenen Jahr lag die Zahl bei 204 durchgeführten Zwangsräumungen in Bochum. „Jede Zwangsräumung ist eine persönliche Tragödie“, so Hohmeier weiter. „Sie führt häufig zum Verlust des sozialen Umfeldes oder sogar in die Obdachlosigkeit.“

Nach Einschätzung der Verwaltung basieren neun von zehn Räumungsklagen auf Mietrückständen. Praktisch immer sind Empfänger*innen von Transferleistungen betroffen. Neben den viel zu niedrigen Hartz-IV-Sätzen sieht die Linksfraktion auch lokale Ursachen: „Es gibt weiterhin kaum kommunalen Wohnungsbau, der bezahlbare Wohnungen schafft“, sagt Horst Hohmeier. „Stattdessen wird der Wohnungsmarkt privaten Konzernen überlassen. Aktuell haben etwa 60.000 Bochumer Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, aber es gibt weniger als 14.000 Sozialwohnungen, in die sie damit ziehen könnten. Und selbst die vorhandenen Sozialwohnungen haben zum Teil Mietpreise, die vom Jobcenter nicht vollständig übernommen werden.“

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Einladung: Empfang für die Bochumer Bewegungen und Initiativen am 5. Dezember

Einladung

Wie wäre es, wenn Bochum eine Stadt für alle wäre? In der Leerstand sinnvoll genutzt wird, kommunaler Wohnungsbau stattfindet, niemand von Zwangsräumungen und Stromsperren bedroht ist? In der niemand vertrieben wird oder in einer Massenunterkunft leben muss? Leider sind wir von diesem Ziel noch weit entfernt – in einigen Bereichen nimmt die soziale Spaltung sogar weiter zu. Um so wichtiger ist es, dass in Bochum so viele Gruppen für eine offene und solidarische Stadt ohne Rassismus und mit sozialer Verantwortung kämpfen.

Mit einem kleinen Empfang für die Bochumer Bewegungen, Verbände, Vereine, Initiativen und Organisationen möchten wir uns bei euch für eure wichtige Arbeit bedanken. Wir freuen uns auf gute Gespräche darüber, was ihr von unserer weiteren Arbeit erwartet und wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Ebenfalls werden Mitglieder des Kreisvorstandes der Partei DIE LINKE sowie unsere Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen anwesend sein. Ein bisschen Livemusik, Getränke und Snacks gibt es dazu.

 

Empfang für eine soziale, demokratische & vielfältige Stadt

Montag, den 5. Dezember 2016, 16 – 19 Uhr
in den Räumen von DIDF Bochum, Rottstraße 30, 44793 Bochum


Programm:

  • Begrüßung durch die Fraktionsvorsitzenden Sevim Sarialtun und Ralf-D. Lange
  • Grußworte Sevim Dağdelen, MdB und Amid Rabieh, Sprecher DIE LINKE. Bochum
  • Input: Aichard Hoffmann (Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.) berichtet über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen in der Bochumer Wohnungspolitik
  • Gelegenheit zum Austausch mit den Mitgliedern der Fraktion DIE LINKE im Rat, der LINKEN in den Bezirksvertretungen, des Kreisvorstandes der Partei DIE LINKE sowie mit Sevim Dağdelen, MdB
  • Musik: Linda Bockholt ist unter anderem Teil der Bochumer Band „Tengo Hambre Pero No Tengo Dinero“. Nachdem sie 2012 das erste Mal in „Well you´re my friend“ am Schauspielhaus Bochum zu sehen war, entstand mit einigen dort mitwirkenden Musiker*innen das Band-Projekt „Linda, Todd & The Hairy Two“. Es folgte eine Rolle als Concierge in dem Musical „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“. Am Prinz-Regent-Theater spielt sie aktuell in „Bilder deiner großen Liebe“ und „Die Schöne und das Biest“ mit.

Zur besseren Planung bitten wir um eine kurze Anmeldung an linksfraktion@bochum.de bis zum 23.11.2016.

Newsletter 9/2016 (Oktober 2016)

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Liebe Leser*innen,

am Donnerstag, den 27. Oktober hat der Bochumer Rat getagt. In diesem Newsletter berichten wir über die aktuellen politischen Entwicklungen. Es geht um Aktivitäten gegen Rassismus, fragwürdige Olympia-Luftschlösser, und um das Engagement gegen die integrationsfeindliche und ungerechte Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge. Außerdem freuen wir uns, dass eine schlimme Notlage beim Bochumer Frauenhaus wahrscheinlich spürbar abgemildert werden kann. Warum der sich abzeichnende Beschluss trotzdem nur eine Zwischenlösung sein sollte, erklären wir dabei auch.

Die Themen im Einzelnen:

1. Handlungskonzept gegen Rassismus
2. Olympia im Ruhrgebiet? Eine Scheindebatte!
3. Nach Stadtrundgang: Linksfraktion fordert Nutzungskonzepte
4. Wohnsitzauflage: Bittere Lektion in Bochumer Demokratie
5. Bochum auf PR-Tour: Was kostet das?
6. Frauenhaus-Finanzierung: Keine Umstellung, aber Teilerfolg
7. Bochum: Keine Weitergabe von HIV-Daten
8. Zeichen der sozialen Spaltung: 3.675 Stromsperren
9. Betriebshof: Kommunal bauen statt mieten
10. Wattenscheid: Bahnhofsverkehr verbessern
11. Naherholungsgebiet Werner Feld retten
12. Jetzt erhältlich: Unser kommunalpolitisches Nachschlagewerk

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Rede: Gegen die Olympia-Scheindebatte!

Redebeitrag von Ralf-D. Lange zum Tagesordnungspunkt 2.1. („Olympische Spiele in Nordrhein-Westfalen“) der Ratssitzung am 27.10.2016:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren!

Ralf-D. Lange

Nachdem sich die Bevölkerung in Hamburg klar gegen olympische Spiele in der Hansestadt ausgesprochen hat, wird nun in NRW diskutiert, dieses Megaevent in unser Land zu holen. Die RVR-Verbandsversammlung hat in seiner letzten Sitzung mit den Stimmen der großen Koalition von SPD und CDU eine Olympia-Bewerbung der Region in einer Resolution befürwortet. Die Landesregierung hat sich vorsichtiger, aber auch wohlwollend geäußert. Und nun dieser gemeinsame Antrag der FDP/Stadtgestaltern mit CDU und SPD.

Bei Licht betrachtet sind die Chancen einer erfolgreichen Olympiabewerbung bescheiden. Nicht zuletzt, weil der Deutsche Olympische Sportbund überhaupt kein Interesse an dieser Bewerbung zeigt. Da das Thema derzeit gar nicht ansteht – das Bewerbungsverfahren für die Spiele 2028 startet erst 2019 – ist klar, welchem Zweck die Debatte dient: Mit der Sportbegeisterung der Menschen in NRW und in Bochum soll Wahlkampf gemacht werden.weiterlesen

Rede: Handlungskonzept gegen Rassismus – lokale Expertise nutzen!

Rede von Gültaze Aksevi zum Tagesordnungspunkt 1.24: „NRWeltoffen: Lokales Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ auf der Ratssitzung am 27.10.2016:

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

gültaze

also als Linksfraktion kritisieren wir ja häufig die Landesregierung, – denn die Politik von NRW-Innenminister Jäger, auch in Bezug auf die Gefahren von Rechts, ist oftmals eine Katastrophe.

Aber darum geht es jetzt hier nicht. Jetzt geht es hier um die Erstellung eines lokalen Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus und Rassismus, das an das Handlungskonzept des Landes und das Programm „NRW Weltoffen“ anknüpfen soll.

Und da müssen wir feststellen, dass hier Teile der Landesregierung im Familienministerium endlich mal was richtig gemacht haben: Sie haben auf Expert*innen der Antirassismusforschung gehört. Sie haben sich mit den Beratungsstellen und Initiativen vernetzt, und ein durchaus brauchbares Programm aufgelegt. Es ist wichtig und richtig, auf die zunehmende rechte Gewalt, auf die Hasspropaganda im Netz, auf die Wahlerfolge von Rechtspopulist*innen und Pegida-Rassismus zu reagieren, und dagegen klar Stellung zu beziehen.weiterlesen

Wohnsitzauflage: Bochum will Zusage brechen

2016-08-31 19.47.45

Wie lange gelten politische Zusagen von SPD und Grünen in Bochum? Möglicherweise keine sechs Wochen. Im September hat der Rat der Stadt beschlossen, dass er eine rückwirkende Anwendung der Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge ablehnt. Jetzt sollen jedoch auch Geflüchtete, die vor Inkrafttreten des umstrittenen Integrationsgesetzes nach Bochum gezogen sind, einen „Härtefallantrag“ stellen müssen. Nur bei positiver Einzelfallentscheidung sollen sie nicht aus Bochum vertrieben werden.

„Die Stadt und die rot-grüne Koalition verspielen das letzte bisschen an Vertrauen, dass ihnen noch entgegengebracht wurde“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Bochumer Linksfraktion Ralf-D. Lange. „Es ist ja ganz einfach: Entweder die Wohnsitzauflage wird wie versprochen nicht rückwirkend angewendet. Dann muss auch niemand einen Härtefallantrag stellen. Oder aber SPD und Grüne brechen ihre Zusage, und die Betroffenen müssen ihren Einzelfall prüfen lassen. Letzteres verursacht zusätzlichen bürokratischen Aufwand und ist unverantwortlich den Betroffenen gegenüber.“

Hintergrund ist das am 6. August in Kraft getretene „Integrationsgesetz“. Es enthält die sogenannte Wohnsitzauflage, die anerkannten Flüchtlingen verbieten soll, nach Ende ihres Asylverfahrens umzuziehen. Besonders scharf kritisieren Menschenrechtsorganisationen und Initiativen der Flüchtlingsarbeit, dass die Wohnsitzauflage rückwirkend gelten soll: Das Gesetz eröffnet Städten die Möglichkeit, auch anerkannte Flüchtlinge zu vertreiben, die vor Inkrafttreten des Gesetzes völlig legal dorthin gezogen sind.weiterlesen

Zeichen der sozialen Spaltung: 3.675 Stromsperren im Jahr 2015 in Bochum

Foto: Quistnix/nl.wikipedia, CC BY 2.5

Foto: Quistnix/nl.wikipedia, CC BY 2.5

Auf unsere Anfrage hin hat die Verwaltung die Statistik über die Stromsperren in Bochum fortgeschrieben. Das Ergebnis: Im vergangenen Jahr haben die Stadtwerke 3.675 mal in Häusern und Wohnungen unserer Stadt den Strom wegen Zahlungsversäumnis abgedreht. Damit bleiben die Stromsperren auf sehr hohem Niveau.

Eine Anfrage der Linksfraktion im Jahr 2013 hatte bereits ergeben, dass sich die Zahl der Stromsperren von 2007 (1379 Sperrungen) bis 2012 (2012: 2501 Sperrungen) um mehr als 81 Prozent erhöhte. Die Antworten auf unsere erneuten Anfragen zeigen, dass sich die besorgniserregende Entwicklung verstetigt: Demnach gab es 2013 insgesamt 3.796 und 2014 3.669 Sperrungen. Mit anderen Worten: Im Vergleich zum Jahr 2007 gab es in Bochum bereits 2013 eine Erhöhung um 175 Prozent.

Stromsperren sind ein ernsthaftes soziales Problem, denn ein menschenwürdiges Wohnen ohne Strom ist praktisch nicht möglich. Laut Angaben der Verwaltung mussten zehn Prozent der betroffenen Haushalte zwischen einer und vier Wochen ohne Strom leben. In fünf Prozent der Fälle dauerte die Sperrung sogar länger als vier Wochen oder resultierte in einer dauerhaften Abmeldung (z.B. bei Auszug). In 25 Prozent der Fälle wird die Sperre innerhalb einer Woche aufgehoben, in 60 Prozent der Fälle innerhalb eines Tages.

Die Verwaltung erklärte, dass praktisch ausschließlich Empfänger*innen von Sozialleistungen von Stromsperren betroffen sind, und dass die Vervielfachung der Stromsperren durch eine „stringente Bearbeitung der Inkasso- und Sperraufträge“ ausgelöst worden sei. In unseren Augen dokumentieren die sehr hohen Zahlen die anhaltende soziale Spaltung in Bochum.

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Druckfrisch: Linksfraktion veröffentlicht kommunalpolitisches Nachschlagewerk

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Politik muss transparent und nachvollziehbar sein! Deshalb veröffentlichen wir eine umfangreiche Dokumentation unser bisherigen Arbeit und der politischen Entwicklungen in unserer Stadt.

Wie steht es um die aktuelle Wohnungskrise? Wie viele rechte Straftaten gab es in den vergangenen Jahren? Welche Konzepte gibt es, um die Stadt endlich demokratischer und gerechter zu gestalten? Auf mehr als 80 Seiten stellt die Linksfraktion die Ergebnisse ihrer Anfragen, ihrer politischen Initiativen und ihres außerparlamentarischen Engagements vor. „Eine linke Fraktion kann niemals im luftleeren Raum existieren“, schreiben die Fraktionsvorsitzenden Ralf-D. Lange und Sevim Sarialtun in ihrem Vorwort. „Deswegen wollen wir unsere Erfahrungen mit allen teilen, die mit uns für eine offene Stadt ohne Ausgrenzungen und Benachteiligungen kämpfen.“

Das druckfrische Büchlein ist ab sofort in der Geschäftsstelle der Linksfraktion im Rathaus, Raum 49 und hier online als pdf-Datei zu haben. Wer es per Post zugesendet bekommen will, kann es per Telefon (0234 – 910 1295) oder per E-Mail (linksfraktion@bochum.de) bestellen.

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Frauenhaus: Finanzierung sichern, Hürden abbauen!

Redebeitrag von Gültaze Aksevi zum Tagesordnungspunkt 3.1.3 im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 5. Oktober 2016:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
meine Damen und Herren,

gültaze

vor etwas mehr als einem Vierteljahr haben wir ja bereits eine Anfrage zu diesem Thema gestellt. (Mehr Infos.) Wir begrüßen sehr, dass nun auch die anderen Fraktionen die Notwendigkeit sehen, die Finanzierungslücke beim Frauenhaus zu schließen, die durch die Finanzierung über Tagessätze entsteht.

Leider wurde unsere Anfrage von der Verwaltung nicht rechtzeitig zu der heutigen Sitzung beantwortet. Daher würde ich an dieser Stelle doch gerne zumindest um eine mündliche Antwort bitten, welche Höhe an zusätzlicher Förderung nach Ansicht der Verwaltung notwendig ist, um die Schutzlücke für Studentinnen, BAFöG-Berechtigte, Frauen ohne Aufenthaltstitel und EU-Bürgerinnen zu schließen.

Die jetzt vorliegenden Anträge sehen keine komplette Umstellung von einem Tagessatz-Modell auf eine Pauschalfinanzierung vor, wie das von den Frauenhäusern landesweit gefordert wird. Stattdessen geht es nur um eine pauschale Ergänzungsfinanzierung. Daher interessiert uns weiterhin, was getan werden muss, um die Finanzierung des Bochumer Frauenhauses komplett auf eine Pauschalfinanzierung umzustellen. Denn auch mit der Ergänzungsfinanzierung sorgen die Tagessätze dafür, dass viele Frauen für einen Aufenthalt im Frauenhaus umständlich Sozialleistungen beantragen müssen, selbst wenn sie für den eigenen Lebensunterhalt sonst keine Sozialleistungen bräuchten. Das ist eine zusätzliche Hürde und zusätzlicher bürokratischer Aufwand für Frauen, die sowieso schon in einer sehr belastenden Lebenssituation sind. Daher bitten wir weiterhin um eine Antwort auf unsere Anfrage – und darum, dass wir das Thema der Umstellung auf eine Pauschalfinanzierung auch dann nicht aus dem Auge verlieren, wenn wir die dringend notwendige Zusatzfinanzierung beschließen.

Vielen Dank.

Gibt die Stadt Bochum Daten HIV-Betroffener weiter?

Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales am Mittwoch, den 5. Oktober hat Gültaze Aksevi für die Linksfraktion zwei Anfragen gestellt:

Anfrage 1: Weitergabe von Daten HIV- bzw. Hepatitis-infizierter Personen an Polizeibehörden

gültaze

Anfang September ist durch eine kleine Anfrage im Landtag öffentlich bekannt geworden: Die NRW-Landesregierung lässt im polizeilichen Auskunftssystem POLIS NRW Personen registrieren, die HIV-positiv bzw. mit Hepatitis B oder C infiziert sind. In dem System werden sie mit dem Merkmal „ANST“ (Ansteckungsgefahr) gekennzeichnet. Aidshilfen haben wiederholt die Position vertreten, dass diese Speicherung personenbezogener Hinweise stigmatisierend sei. Sie weisen weiter darauf hin, dass das Argument, die Maßnahme diene zur „Eigensicherung“ von Polizeibeamten, medizinisch unsinnig sei. Die rot-grüne Landesregierung will dennoch an dieser Speicherung festhalten und erklärte zur Herkunft der Daten im polizeilichen Auskunftssystem wörtlich:

Der personengebundene Hinweis ‚Ansteckungsgefahr’ wird nur vergeben, wenn Informationen von einem Arzt oder einer anderen öffentlichen Stelle auf Grundlage eines ärztlichen Attests oder einer entsprechenden ärztlichen Unterlage (z. B. Gesundheitsamt, Verwaltungsbehörde, Justizvollzugsanstalt) oder dem Betroffenen selbst zu einer Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV – Erkrankung vorliegen. […] Die Verantwortung für die Übermittlung von Daten trägt die übermittelnde Stelle. Diese hat die Rechtsgrundlage zur Übermittlung zu prüfen.“

Das führt zu großer Verunsicherung nicht nur bei HIV-Betroffenen. Die Sicherheit und Vertraulichkeit ihrer bei Ärzt*innen, Gesundheitsämtern und ggf. anderen Verwaltungsbehörden hinterlegten und gespeicherten Daten wird hinterfragt. Vor diesem Hintergrund wollen wir von der Verwaltung wissen:

  • Wurden vom Gesundheitsamt Bochum oder von anderen Bereichen der kommunalen Verwaltung Meldungen über Personen mit HIV-positivem Status bzw. mit Hepatitis B oder C an Polizeibehörden übermittelt? Wenn ja, in wie vielen Fällen? Auf welcher Rechtsgrundlage ist das geschehen?
  • Hält die Verwaltung die Erfassung des personenbezogenen Hinweises „ANST“ im polizeilichen Auskunftssystem NRW für geeignet, das Vertrauensverhältnis HIV-Betroffener zu Behörden zu stärken?
  • Welche Auswirkungen hat nach Auffassung der Verwaltung die von der Landesregierung gemachte Aussage, Gesundheitsämter lieferten personenbezogene Daten zu HIV-Infektionen an die Polizei, auf die HIV-Testbereitschaft der Bevölkerung?

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