Rede: Opel ist unter Zugzwang!

Rede des Fraktionsvorsitzenden Ralf-D. Lange auf der Ratssitzung am 25.06.2015 zu den Tagesordnungspunkten 1.18 und 1.19 (Regionaler Flächennutzungsplan und Bebauungspläne Opel-Werk II und III):

 

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

Ralf-D. Lange

Ich befürchte, dass wir heute einem Lehrstück beiwohnen, das von dem Einknicken der Politik vor den Kapitalinteressen eines Großkonzerns handelt. Worum geht es denn hier bei der Anpassung der Planungsziele für die Opel-Werke II und III in Bochum Langendreer? Da sind zwei Flächen von Opel im Bochumer Osten, die weiterhin gewerblich genutzt werden sollten. Auf einem steht das bisherige Warenverteilzentrum, das so genannte Werk III. Werk II wird leer gezogen.

Für die Stadt Bochum und im Interesse einer möglichen Vermarktung wäre es am besten, wenn sich das neue Europa-Warenlager auf ein Gelände beschränken würde. Das andere Gelände könnte dann an die „Perspektive Bochum 2022“ übergehen als „Gewerbe- und Industriegebiet für innovative Produktionswirtschaft“. So jedenfalls die klar formulierten Ziele der Werkstattverfahren und Inhalt des Ratsbeschlusses vom April vergangenen Jahres.

Jetzt stehen dem aber „betriebswirtschaftliche Überlegungen der Adam Opel AG“ entgegen, wie es in der Begründung der Verwaltung heißt. Opel würde gerne das Warenverteilzentrum, für das es seitens des Konzerns eine Standortgarantie bis 2020 gibt, in der Fläche vergrößern. Und um zu sparen, beansprucht Opel jetzt die Filetstücke rechts und links der Provinzialstraße. Auf der vorderen Fläche von Werk II soll ein zweites Lager errichtet werden, die dahinter liegenden Flächen wären für die weitere Vermarktung relativ unattraktiv. Soweit die Interessen der Adam Opel AG, die aus Sicht des Unternehmens sogar nachvollziehbar sind, wenn man den Abschied aus Bochum möglichst billig halten will. Von den Gewerbesteuern für Bochum will ich erst gar nicht reden. Uns Linken wird ja manchmal vorgehalten, wir verstünden nichts von Wirtschaft. An diesem Punkt können Sie erkennen, dass wir nur zu gut verstehen, welche ökonomischen Interessen der Opel-Konzern hier hat. Nämlich weiterhin möglichst viel Geld verdienen und möglichst wenig dafür ausgeben.

Aber das können doch nicht unsere Interessen sein, meine Damen und Herren! Das sind jedenfalls nicht die Interessen der ehemals Beschäftigten von Opel, die immer wieder gefordert haben, dass die Bochumer Werkschließung für General Motors die teuerste Werkschließung aller Zeiten werden soll. Das kann auch nicht im Interesse der Gesellschaft Bochum Perspektive 2022 sein, die zum Beispiel das Rest-Gelände hinter Werk II entweder kaum vermarkten kann oder es sichern muss. Weil man für Opel die Option offen halten müsste, um zu einem späteren Zeitpunkt das gesamte Warenlager doch noch auf dieser Fläche zu konzentrieren. Ganz zu schweigen von der werkseigenen Mülldeponie, die sich dort im hinteren Bereich befindet. Und der Zufahrtstraße, die dort gebaut werden müsste.

Und es kann auch nicht im Interesse der Bochumer Bürgerinnen und Bürger sein, vor allem nicht derer, die dort wohnen. Der Gleisanschluss soll weg, es ist eine Straße von Werk III parallel zur bisherigen B 235 angedacht. Ganz zu schweigen von dem erhöhten Verkehrsaufkommen, das eine Erhöhung der Lagerkapazität mit sich bringen würde.

Wir sollen hier also einer Anpassung der Planungsziele in Richtung Logistik auf beiden Werksflächen zustimmen, obwohl noch gar keine belastbaren Verkehrsgutachten vorliegen. Und obwohl jetzt schon klar ist, dass eine Arbeitsplatzdichte von 19 Arbeitsplätzen pro Hektar beileibe kein Jobwunder bedeutet.

Unser Interesse, meine Damen und Herren, kann doch nur darin bestehen, das vergrößerte Warenlager von Opel komplett auf dem Gelände von Werk II anzusiedeln. Um dann in aller Ruhe ein schlüssiges Konzept für die andere Fläche umzusetzen. Und das, meine Damen und Herren, sollten wir auch hier und heute bekräftigen und als deutliches Signal nach Detroit senden.

Denn nicht wir sind unter Zugzwang – nein, Opel ist es: Opel hat sich in dem Sozialtarifvertrag verpflichtet, rund 700 Arbeitsplätze in Bochum zu belassen. Opel braucht ein Zentrallager für die Europa-Logistik. Und Opel hat willkürlich beschlossen, ihr Investitionsbudget auf 60 Millionen Euro zu deckeln. Das sollten wir nicht einfach als naturgegebenen Sachzwang hinnehmen, sondern uns endlich mal gerade machen, als Vertreterinnen und Vertreter der Bochumer Interessen.

Wir sollten deutlich machen, dass wir uns nicht widerstandslos über den Tisch ziehen lassen und auch willens und in der Lage sind, um etwas mehr Geld zu pokern. Wenn wir dieser Planungsänderung zustimmen, geben wir den letzten Trumpf aus der Hand, den wir in Bezug auf Opel haben. Deshalb werden wir als Linksfraktion diesem Antrag nicht zustimmen und bitten Sie ebenfalls, dem vorauseilenden Gehorsam in Bezug auf die Wünsche von Opel eine deutliche Absage zu erteilen.