Newsletter November 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieser Newsletter ist besonders. Es ist der erste als Ratsgruppe. Drei ehemalige Mitglieder haben DIE LINKE und unsere Fraktion verlassen, nachdem sie über Monate ihre Mandate kaum bis gar nicht ausgeübt haben. Durch die Mitnahme der Mandate sind wir ab sofort nur noch als Gruppe im Bochumer Rat vertreten und können keine Fraktion mehr in Mitte stellen. Zudem fehlt ab sofort eine linke Stimme in der Bezirksvertretung Süd. Klar ist: Wir werden weiter im Sinne unseres Kommunalwahlprogramms für ein soziales und friedliches Bochum streiten.

In dieser Ausgabe unseres Newsletters geht es um den Zustand der Bochumer Schulen und den Einsatz von Schul-Containern, den Mobilitätsimpuls Ruhr, die Anpassung der Ökopunktberechnung bei der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft, Mietpreis- und Belegungskontrollen bei Sozialwohnungen und vieles mehr.

Besonders ist dieser Newsletter auch, weil ihn ein Genosse, Freund und engagierter sachkundiger Bürger nicht mehr lesen kann. Wolfgang Möller ist viel zu früh von uns gegangen und hinterlässt eine Lücke, die nicht zu füllen ist. Wolfgang hat sich über viele Jahre für eine soziale Verkehrswende eingesetzt und uns im Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur vertreten. Das war aber nur eines der vielen Themen, die er mit viel Leidenschaft und Wissen beackert hat. Für ihn Stand immer die Sache im Mittelpunkt und nie die eigene Profilierung. Wolfgang, Du wirst uns unglaublich fehlen. Ruhe in Frieden! Wir werden Dich nie vergessen und in Deinem Sinne weiterkämpfen.

Wir wünschen viel Freude beim Lesen und eine angenehme Woche!

Die Themen im Einzelnen:

1. Grundschul-Bildung in Bochum in Containern
2. Besserer interkommunaler ÖPNV im Ruhrgebiet
3. Fraktionsaustritt schwächt soziale und friedliche Opposition in Bochum
4. Druck wirkt: Gelsenwasser tritt bei Gaslobby aus
5. Wir fragen nach
6. Rathauskoalition verhindert Einrichtung eines Wassertretbeckens
7. Neue Ökopunktberechnung

1. Grundschul-Bildung in Bochum in Containern

Seit Jahren kündigte es sich an, nun ist es Realität: Die Schüler:innenzahlen steigen auch in Bochum. Dementsprechend mehr Bedarf gibt es auch an Raumkapazitäten an den Schulen. Verwaltung und Rathauskoalition wirken dennoch überrascht, zumindest überfordert. Zur Abfederung des Mehrbedarfs an Klassenräumen setzen sie auf Containerlösungen. Das haben wir als LINKE im Bochumer Rat immer wieder kritisiert. Besonders in den Bezirken Mitte und Süd wird dauerhaft mit einem höheren Schüler:innenaufkommen gerechnet, weshalb es hier in jedem Fall bauliche Erweiterungen und die Reaktivierung älter Schulgebäude bräuchte. Aber als wäre es nicht gravierend genug, dass die Stadt Grundschüler:innen dauerhaft in Containern unterrichten lassen will, bei denen die Wände eine Regulierung von Schall und Temperatur erheblich erschweren und die insgesamt kein gleichwertiges Lernumfeld bieten wie Gebäude, hat es die Verwaltung nicht einmal geschafft, die Container zum Start des Schuljahres aufstellen zu lassen, geschweige denn Toiletten vorzuhalten. Das Container-Chaos zeigt den halbherzigen Umgang mit den Jüngsten und den Stellenwert von Bildung in Bochum unter Oberbürgermeister Eiskirch. Aufgrund der Medienberichterstattung über die Zustände an vielen Bochumer Grundschulen entschied sich der Ausschuss für Schule und Bildung für eine Sondersitzung, bei der eine kleine Auswahl von Container-Standorte besichtigt wurden. Im Rahmen dieser Tour konnten sich die Mandatsträger ein Bild vor Ort machen und das ungute Bauchgefühl stand einigen Mandatsträgern bei diesen teils trostlosen Eindrücken ins Gesicht geschrieben. Einige der Container konnten nicht, wie zwischenzeitlich angekündigt, nach den Herbstferien bezogen werden, sondern erst im Laufe des Novembers. Lösungen für die Toiletten werden sich weitere Monate hinziehen.

Keine vernünftigen, langfristigen Lösungen, stattdessen Container-Chaos, kein fließend Wasser und keine Toiletten – das ist die Situation für hunderte Grundschüler:innen in Bochum im Herbst 2023. Als LINKE fordern wir seit Jahren mehr Grund- und Gesamtschulen für Bochum und einen besseren Betreuungsschlüssel an unseren Schulen

2. Besserer interkommunaler ÖPNV im Ruhrgebiet

Zur Ratssitzung legte die Verwaltung eine großspurig als „Regionales Aktionsprogramm zur Verbesserung des interkommunalen ÖPNV in der Metropole Ruhr“ bezeichnete Beschlussvorlage vor. Ehrenwertes Ziel der gemeinsamen Initiative mehrerer Städte aus dem Regionalverband Ruhr (RVR) ist die zeitliche Synchronisierung der Nahverkehrspläne, damit das stadtgrenzenübergreifende ÖPNV-Angebot endlich verbessert wird. Bisher sind die Nahverkehrspläne noch viel zu sehr an den Stadtgrenzen orientiert, was nicht zu der Nähe der Städte untereinander passt und eigentlich schon seit Ewigkeiten überholt ist in unserer Region. Dass der Nahverkehr im Ruhrgebiet immer noch so ein Flickenteppich ist, darf eigentlich nicht sein. Das sah auch die Ratsmehrheit so. Ein Bremsklotz für dringend notwendige Anpassungen ist bisher die Landesregierung, von der mindestens 17 Millionen Euro benötigt werden. Einmal mehr verloren sich bei dieser lebendigen Ratsdebatte CDU, SPD und Grüne in gegenseitigen Schuldzuweisungen an die verschiedenen Landesregierungen der letzten Jahre. Fakt ist, dass die geplanten Maßnahmen für das eigentliche Ziel unzureichend sind. Für Bochum springen durch den Mobilitätsimpuls.RUHR immerhin vier verbesserte Nahverkehrsverbindungen raus: eine neue Buslinie von Witten-Stockum nach Langendreer, eine Taktverdichtung bzw. Linienverlängerung auf der Straßenbahnlinie 316 zwischen Bochum Hofstede und Herne Wanne Hbf, eine Taktverdichtung an Samstagen zwischen Hattingen Reschop-Blankenstein und Bochum Hbf sowie eine Taktverdichtung auf der Buslinie 321 von Herne Hbf nach Bochum Gerthe.

Wir haben diesen Verbesserungen zugestimmt, auch wenn es nur ein erster Schritt ist, damit es endlich ein vollständig synchronisiertes Nahverkehrskonzept für die Metropole Ruhr gibt.

3. Fraktionsaustritt schwächt soziale und friedliche Opposition in Bochum

Drei nun ehemalige Ratsmitglieder unser Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Bochum haben ihren Parteiaustritt erklärt. Mehtap Yildirim, bisherige Kreissprecherin, Gültaze Aksevi, Besitzerin im Vorstand, und Mehriban Özdogan nehmen zudem ihre über die Liste der LINKEN gewonnenen Mandate mit. Die Austrittserklärung wurde während der letzten Ratssitzung verfasst, bei der die drei Ratsmitglieder zum wiederholten Mal nicht anwesend waren.

Der Partei- und Fraktionsaustritt von Mehtap Yildirim, Mehriban Özdogan und Gültaze Aksevi erfolgte aus dem Nichts und die vorgeschobene Begründung wurde bisher kein einziges Mal kommuniziert. Ohnehin nahmen die drei Ratsmitglieder seit Monaten nicht an Rats- und Ausschusssitzungen teil und haben sich trotz herausgehobener Ämter nicht aktiv in die Arbeit der Kreispartei eingebracht. Kritische Äußerungen zum Kurs der Partei oder sogar der Bochumer Linksfraktion, deren Mehrheit sie stellten, sind von den drei ausgetretenen Mitgliedern nicht bekannt. Die Bochumer LINKE steht für offene und stets in der Sache geführte Debatten und hat sich immer wieder kritisch zum Kurs der Bundespartei geäußert. Pluralismus wird in Bochum großgeschrieben, bedingt aber Anwesenheit und aktives Einbringen in die demokratischen Debatten. Yildirim, Özdogan und Aksevi haben leider die politische Arbeit, für die sie von der Partei und den Wählerinnen und Wählern mit Ämtern und Mandaten ausgestattet wurden, seit langer Zeit verweigert. Das schwächt das Vertrauen in die Demokratie. Voller Einsatz für soziale Gerechtigkeit sieht jedenfalls anders aus. Die Linksfraktion hat die drei Ratsmitglieder aus diesem Grund bereits am 04.09.2023 zur Rückgabe ihrer Mandate aufgefordert.

Uns irritiert zudem, dass die Word-Datei der Austrittserklärung den Schluss nahelegt, dass diese auf dem Laptop der Wahlkreismitarbeiterin von Sevim Dagdelen verfasst wurde und so erwartbar aus Äußerungen der Bundestagsabgeordneten zusammen kopiert wurde. Die bei sozialen Bewegungen und vielen Menschen in Bochum anerkannte Arbeit unserer Linksfraktion kommt daher auch mit keiner Silbe darin vor. Die Arbeit wird nun durch den Fraktionsaustritt geschwächt und Beschäftigte, die auch von den drei Ratsmitgliedern eingestellt wurden, ohne vorheriges Gespräch und Beachtung von Sozialverträglichkeit in die Arbeitslosigkeit geschickt. Wie das mit dem Anspruch von sozialer Gerechtigkeit vereinbar sein soll, bleiben Yildirim, Aksevi und Özdogan schuldig. Dass Özdogan sich nun als Bochumer Mädchen profilieren will, das Politik für die Menschen in Bochum machen will, passt nicht zur Bilanz der letzten drei Jahre. Da war Abwesenheit und Schweigen an der Tagesordnung. Politische Initiativen waren Mangelware.

Mit dem Austritt und der Mitnahme der Mandate geht es um eigene Interessen. Alle drei Ratsmitglieder sind der Partei bisher beträchtliche Mandatsträgerabgaben schuldig geblieben. Gegen zwei Ratsmitglieder klagt die Partei deshalb vor dem Landgericht Bochum und beruft sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Wer den Einsatz für soziale Gerechtigkeit durch eigene finanzielle Interessen ersetzt, sollte sich fragen, ob die Mitgliedschaft im Bochumer Rat noch im Sinne der Mehrheit der Menschen in unserer Stadt ist. Dass Gültaze Aksevi an ihre Mitgliedschaft in der Linksfraktion im Ruhrparlament festhalten will, um weiter Sitzungsgelder für Fraktions- und Vorbereitungssitzungen zu kassieren, spricht für sich. Wir fordern, Gültaze Aksevi, Mehriban Özdogan und Mehtap Yildirim zur Rückgabe aller ihrer Mandate auf. Wer seine Mandate so selten ausübt und einzig auf den eigenen finanziellen Vorteil schielt, gefährdet das Vertrauen in die Demokratie und schwächt die dringend notwendige soziale Opposition. Als LINKE setzen wir uns weiter für Frieden und soziale Gerechtigkeit ein und suchen den engen Schulterschluss mit den Initiativen in unserer Stadt.

4. Druck wirkt: Gelsenwasser tritt bei Gaslobby aus

Gemeinsam mit Fridays For Future haben wir uns dafür eingesetzt, dass die GELSENWASSER Energienetze GmbH als Tochter von Gelsenwasser aus der Gaslobby „Zukunft Gas“ austritt. Mit Erfolg! Auf die Anfrage unseres Mitglieds im Ausschuss für Beteiligungen und Controlling, Moritz Müller, antwortet die Verwaltung: „Die GELSENWASSER Energienetze GmbH, die 100 %‐Netztochter der GELSENWASSER AG, ist noch Verbandsmitglied, wird jedoch zum nächstmöglichen Zeitpunkt austreten.“ Wir freuen uns, dass der Druck wirkt und bald kein Bochumer Beteiligungsunternehmen mehr Mitglied in diesem klimaschädlichen Lobbyverband sein wird. Das ist gut für das Klima in unserer Stadt.

Mehr Informationen zur Arbeit des Gaslobbyverbands hat Lobbycontrol zusammengetragen. Sehr lesenswert!

5. Wir fragen nach

Die Krise beim bezahlbaren Wohnraum geht auch bei uns in Bochum ungebremst weiter. Immer weniger Sozialwohnungen stehen zur Verfügung. Der Bedarf kann seit Jahren nicht gedeckt werden, was für die betroffenen Menschen gravierende, existenzbedrohende Folgen hat. Wir fordern Verwaltung und Rathauskoalition immer wieder auf, endlich eine Offensive für den sozialen Wohnungsbau zu starten. Leider bisher vergebens!

Umso wichtiger ist es da, dass die bestehenden Sozialwohnungen auch wirklich ordnungsgemäß vermietet werden. In einer Anfrage haben wir von der Verwaltung einen Sachstand zu den Mietpreis- und Belegungskontrollen bei Sozialwohnungen gefordert. In der Antwort wird deutlich, dass in den letzten Jahren die mietpreisrechtlichen Verstöße zurückgegangen sind, was erfreulich ist, bei Leerstand und Zweckentfremdung bzw. Abbruch der Sozialwohnungen die Zahlen aber deutlich gestiegen sind. Auch bei der Qualität der Instandhaltung der Wohnungen gab es vermehrt Verstöße. Es ist gut, dass die Verwaltung ihrer Kontrollfunktion nachkommt und Verstöße geahndet werden. So wurden in zehn Fällen Geldleistungen festgesetzt und vier Sozialwohnungen freigezogen. Warum es in einzelnen Bereichen vermehrt Verstöße gibt, sollte die Verwaltung zudem transparent aufarbeiten und präventive Gegenmaßnahmen ergreifen, sodass zukünftig alles vorgabegemäß läuft.

6. Rathauskoalition verhindert Einrichtung eines Wassertretbeckens

Gemeinsam mit dem Bochumer Kneipp-Verein haben wir eine Initiative für ein Wassertretbecken gestartet. Wir wollten das öffentliche gesundheitsfördernde Freizeitangebot in Bochum erhöhen. Das bereits existierende Bewegungsangebot im Wiesental hätte so sinnvoll ergänzt und als Naherholungsgebiet weiter aufgewertet werden können. Leider sah das die Koalition aus SPD und Grünen anders. Man wollte das Thema nicht weiter prüfen und hat direkt den Rotstift angesetzt. Kein Geld da und offenbar auch kein Interesse an der Aufwertung des Freizeitangebots in Bochum. Eine verpasste Chance, wie wir finden.

Die vielen Anfragen von Bochumer:innen beim Kneipp-Verein, wo man in Bochum ein Wassertretbecken findet, müssen so leider weiterhin unbefriedigend beantwortet werden. Diese Personen können dann nur auf entsprechende Einrichtungen in umliegenden Städten hingewiesen werden. Denn die zwei Wassertretbecken, die es in Bochum gibt, befinden sich in Kitas und sind nicht für die Öffentlichkeit nutzbar.

7. Neue Ökopunktberechnung

Bei Bauvorhaben kommt es zu Eingriffen in die Natur, deren Auswirkungen durch Fachgutachten erfasst werden. Dabei wird für die betroffene Fläche ein naturschutzfachlicher Wert berechnet, um eine Kompensation der Schäden zu finanzieren. Dieser wird in sogenannten „Ökopunkten“ ausgedrückt. Pro Quadratmeter hat ein Ökopunkt seit 2002 einen monetären Wert von sechs Euro gehabt. In der vergangenen Ratssitzung wurde beschlossen, diesen Wert auf zehn Euro anzuheben, weil es in den vergangenen Jahren erhebliche Kostensteigerungen gegeben hat. Als DIE LINKE. im Rat haben wir der Beschlussvorlage der Verwaltung deshalb zugestimmt. Dass damit der tatsächliche Schaden in Bezug auf das Klima auszugleichen ist, glauben wir nicht. Trotzdem ist es richtig und wichtig, dass die Stadt die seit 2002 gestiegenen Kosten für die Berechnungsmaßnahmen an die entsprechenden Bauherren weitergibt und nicht weiter auf die Allgemeinheit abwälzt.