Nein zum Haushaltsplan von SPD und Grünen

In seiner Haushaltsrede hat Horst Hohmeier, Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Bochumer Rat, begründet, warum wir auf der Ratssitzung am 11.11.2021 gegen den Haushaltsplan der rot-grünen Koalition gestimmt haben. Die Rede zum Nachschauen:

Die gesamte Sitzung im Stream des Rats-TVs gibt es hier.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

meine Damen und Herren,

es heißt ja immer wieder, als soziale Opposition sollen wir als Linksfraktion nicht nur kritisieren und Verbesserungsvorschläge machen, sondern auch mal Lob verteilen. Damit fange ich gerne an. Frau Dr. Hubbert, wir finden gut, dass Sie in diesem Jahr nicht erneut einen Doppelhaushalt vorgelegt haben, sondern endlich wieder den Haushalt nur für ein Jahr. Wir begrüßen wirklich, dass Sie sich in Zeiten der Corona-Pandemie endlich unserer Position aus den vergangenen Jahren angeschlossen haben: Wir hatten kritisiert, dass durch eine langfristige Festlegung für zwei Jahre eine schnelle Reaktion auf zwischenzeitlich auftauchende Probleme und Entwicklungen erschwert wird. Oder es müssen Posten wild im Haushalt hin und hergeschoben werden, häufig ohne sinnvolle Beratung in den demokratischen Gremien. Jährliche Haushaltsberatungen, die von einer transparenten langfristigeren Planung begleitet werden, sind unserer Meinung nach angemessener und demokratischer. Ich fürchte jedoch, dass unsere Freude darüber nur von begrenzter Dauer sein wird, und dass Sie zügig zurück zum für Sie bequemeren Doppelhaushalt wollen. Denn die Kritik an der unsozialen und unsolidarischen Haushaltspolitik der Rathaus-Koalition hören Sie vermutlich lieber nur alle zwei Jahre. Wir können und wollen Ihnen und der Koalition diese Kritik aber auch in diesem Jahr nicht ersparen.

Denn leider ist die Ratsmehrheit aus SPD und Grünen sich in diesen Haushaltsberatungen weitgehend treu geblieben. Auch dieses Mal stimmen wir über einen Haushalt ab, der für den dringend notwendigen sozialen und ökologischen Politikwechsel in unserer Stadt keine Weichen stellt. Im Gegenteil: Statt den Klimanotstand, der doch auch mit Ihren Stimmen beschlossen wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, ernst zu nehmen und den Investitionsstau bei Radwegen, beim öffentlichem Nahverkehr, und zum Beispiel bei der Renaturierung von Industriebrachen zu beenden, riecht dieser Haushalt verdächtig nach „Weiter so“. Und dieses „Weiter so“ ist leider für das Klima in der Stadt schlecht – für die Umwelt und für das soziale Miteinander.

Dieser Haushalt weist an verschiedenen Stellen empfindliche Lücken auf, die Sie als rot-grüne Ratsmehrheit leider nicht schließen wollen. Es fehlt an der Bereitschaft die Schulsozialarbeit endlich flächendeckend auszubauen – zur Not für eine Übergangszeit auch mit eigenem Geld, um dann gegenüber der Landesregierung zusammen mit anderen den Druck für eine Kostenübernahme zu erhöhen. In diesem Schuljahr gibt es an 24 der 80 öffentlichen Bochumer Schulen immer noch kein Angebot zur Schulsozialarbeit. In Schulnoten beziffert ist das schlicht ungenügend. Denn die Leidtragenden sind die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte.

Unsozial bleibt leider auch die die Entlohnung der Tageseltern. Durch unsere Anfragen konnten wir nachweisen: Diejenigen, die die bis heute fehlenden Kita-Plätze in Bochum mit ihrer freiberuflichen Arbeit auffangen, erhalten in vielen Fällen realistisch berechnet noch nicht einmal ein Einkommen auf Mindestlohnniveau. Das ist immer dann der Fall, wenn nicht mindestens vier von fünf möglichen Kindern über die volle Zeit betreut werden. Da Sie unsere Anträge diesbezüglich abgelehnt haben, bleibt dieses Honorar-Dumping durch prekäre Beschäftigung leider ein echtes Bochumer Problem. Wir fordern Sie auf, das endlich zu ändern. Der Rotstift darf weder an der Zukunft unserer Kinder angesetzt werden, noch bei der Entlohnung derjenigen, die Eltern ermöglichen, täglich Geld zu verdienen.

Und Kita-Plätze fehlen in Bochum auch jede Menge: Seit 2013 gibt es zwar einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, erfüllen kann die Stadt den aber bis heute nicht vernünftig. Wie lange müssen die mehr als tausend Kinder noch auf einen Platz warten? Gerade für Kinder unter drei Jahren sieht es besonders düster aus. Nicht mal jedes zweite Kind hat einen Platz. Die Versorgungsquote ist dabei besonders in den Stadtteilen schlecht, wo sie besonders dringend gebraucht werden. Das verstärkt die sowieso schon krasse soziale Spaltung zwischen den einzelnen Stadtteilen. Wir rufen Sie dazu weiterhin auf: Nehmen Sie bei der Kita-Bedarfsplanung den Fuß von der Bremse!

Bremsen, das tut die Koalition leider auch bei der Instandhaltung der städtischen Gebäude. Wir haben beantragt, zumindest wieder genauso viel Geld zur überbezirklichen Bekämpfung von Sanierungsstau zur Verfügung zu stellen, wie es bis zum Jahr 2017 der Fall war. Aufgrund der gestiegenen Baukosten war das eine wirklich zurückhaltende Forderung im Rahmen dieser Haushaltsberatungen. Doch selbst das haben Sie abgelehnt. Sie leben lieber weiter von der Substanz und stehen dem Erhalt der städtischen Infrastruktur im Wege.

Wohin der Sanierungsstau führt, kann man unter anderem am Bildungs- und Verwaltungszentrum hinter dem Rathaus sehen, dass Sie wegen Schäden an der Substanz abreißen wollen. Und an den Bochumer Schwimmbädern: Statt rechtzeitig in den Bestand zu investieren, haben Sie über Jahrzehnte hinweg eine verheerende Kürzungspolitik betrieben. Im Ergebnis ist der Zustand vieler Bäder katastrophal. Wir fordern hier erneut: Investieren Sie in unsere Schwimmbäder! Kein Standort darf wegfallen, keine Freibäder dürfen geschlossen werden, und auch ein Betrieb auf Sparflamme ist keine Lösung.

Wo von Bremse aber keine Spur ist, das sind die unsozialen Gebührenerhöhungen, die leider ebenfalls gegen unsere Stimmen beschlossen wurden. Da langen sie gerne zu. Verzichten wollen Sie auch nicht auf eine millionenschwere Gewinnabführung bei der VBW. So ist Ihre Haushaltspolitik direkt verantwortlich für unnötig hohe Mieten in unserer Stadt.

Eine weitere Baustelle: Die Bochumer Verkehrs-Infrastruktur. Trotz Beschluss des Klima-Notstands tut sich hier viel zu wenig. In den Haushaltsberatungen haben Sie unseren Antrag abgelehnt, das Budget für den Neubau von Radwegen um 200.000 Euro anzuheben. Und auch insgesamt stellen Sie sich bei diesem Thema quer. Statt wie von uns beantragt mit einer einjährigen Pilot-Phase für ein 365-Euro-Ticket zu starten, haben Sie das Thema auf die lange Bank geschoben. Dabei hätte Bochum diesen schnellen Neustart für den Nahverkehr dringend benötigt. 11,9 Millionen Euro, die nach Berechnung des VRR im Jahr 2019 für die Einführung eines 365-Euro-Tickets notwendig gewesen wären, waren Ihnen für die sozial-ökologische Verkehrswende und mehr Lebensqualität zu viel. An anderen Stellen wird dagegen das Geld rausgehauen, ich erinnere nur an die Finanzierung der Verluste des klimaschädlichen Trianel-Kohlekraftwerks Lünen, für die unsere Stadt inzwischen mehr als 87 Millionen Euro bezahlt hat – oder an die teuren Folgekosten des Steag-Deals. Diese Prioritätensetzung ist ein großer Fehler und schlecht für Bochum!

Das waren jetzt nur ein paar Schlaglichter auf den Haushaltsplan, der unserer Meinung nach in vielen Punkten die falschen Prioritäten setzt.  Sie haben die Chance verpasst, die Kürzungspolitik der vergangenen Jahre endlich zu beenden und in die Zukunft unserer Stadt zu investieren. Gute Bildung, bezahlbare Mieten, ein bezahlbarer und gut ausgebauter öffentlicher Verkehr – das müssen unserer Meinung nach die Prioritäten sein. Der Haushalt ist zudem sozial nicht ausgewogen, Spielräume zum Umsteuern werden nicht genutzt und das Klima in der Stadt bleibt leider auf ganzer Linie auf der Strecke. Statt diesem einfallslosen und unsozialen Entwurf zuzustimmen, werden wir mit Nein stimmen, und als LINKE auch zukünftig Vorschläge für eine sozialere und solidarischere Haushaltspolitik machen.

Vielen Dank.