Warum wir gegen den unsozialen und mutlosen Doppelhaushalt stimmen?

In ihrer Haushaltsrede begründet unsere Fraktionsvorsitzende, Gültaze Aksevi, unser Nein zum rot-grünen Doppelhaushalt. Dieser Haushalt ist keine Antwort auf die Krisen und stellt auch nicht die notwendigen Weichen für die Zukunft.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

meine Damen und Herren,

wir leben in Krisenzeiten. Corona-Pandemie, Krieg in Europa, explodierende Energie- und Lebenshaltungskosten – längst überlappen sich mehrere Krisen. Das hat drastische Folgen für die Menschen in unserer Stadt. Viel zu viele wissen nicht mehr, wie sie ihren Lebensstandard halten sollen. Unsicherheit und Angst vor dem Verlust der Existenz sind längst keine Seltenheit. Auch an den Bochumer Unternehmen gehen die Krisen nicht spurlos vorbei. Arbeitsplätze sind akut gefährdet. Tageseltern wissen nicht, ob sie im kommenden Jahr noch Betreuungsplätze anbieten können.

In diesen Krisenzeiten ist die Politik besonders gefordert. Zaudern und Aussitzen – das darf nicht die Antwort auf die Herausforderungen sein, vor denen wir als Bochum stehen. Es geht jetzt um mutiges Handeln. Dieser Mut, schnell und entschieden zu handeln, muss sich auch im Haushalt widerspiegeln. Es braucht einen in die Zukunft weisenden Haushalt, der die Weichen für die Bewältigung der Krise und einen sozialen und ökologischen Aufbruch in Bochum stellt. Einen solchen Haushaltsentwurf vermissen wir leider. Wir sind überzeugt, dass dieser Haushalt schlecht für Bochum ist!

Die Verwaltung legt für die kommenden beiden Jahre einen Haushaltsentwurf vor, der keinen Rückenwind erzeugt. Dieser Doppelhaushalt will vermeintlich auf Nummer sicher gehen und die schwarze Null halten, hinterlässt am Ende aber doch nur große Unsicherheit. Unsicherheit bei den Menschen, dem Ehrenamt und den Unternehmen in unserer Stadt. Es fehlen mutige Investitionen und Hilfen für die Bochumer Vereine, Initiativen und die Menschen, die eh schon kaum über die Runden kommen. Wer in dieser Stadt in der Krise Hilfe benötigt, wird von SPD und Grünen verlässlich an Bund und Land verwiesen oder auf später vertröstet. Statt mutigem Handeln ist hier Aussitzen das Motto. Dieser Stillstand schadet unserer Stadt.

Und so passt es, dass die Rathauskoalition in den letzten Monaten alle Vorschläge der Opposition abgelehnt und selbst keinen einzigen Vorschlag unterbreitet hat, wie Bochum gut durch und aus der Krise kommen soll. Egal, was beantragt wurde und wie wenig es gekostet hätte, die Antwort der Koalition war stets „Nein“. Das ist eine „Leistung“, auf die Sie nicht stolz sein sollten, liebe SPD, liebe Grüne!

Dazu passt auch die großspurige Aussage von Ihnen, Herr Jentsch. So wollten Sie sich guten Ideen der Opposition nicht verschließen, löblich, Sie hätten aber, wie Sie sagen, keine gesehen. Anders als die Fachpolitiker der Koalition findet der SPD-Fraktionsvorsitzende also offenbar eine stärkere Unterstützung der Vereine und Initiativen über die Steigerung um 2,5 Prozent hinaus unsinnig. Und das, wo längst klar ist, dass die Kosten und Löhne deutlich stärker steigen werden. Ob angemeldete Bedarfe von Initiativen bei der im Sozialausschuss gemeinschaftlich beschlossenen Evaluierung im kommenden Jahr zu einer stärkeren Unterstützung führen, ließ die Koalition auf Nachfrage im Haupt- und Finanzausschuss dann auch offen. Planungssicherheit sieht anders aus. Und so werden die Vereine und Initiativen im Regen stehen gelassen. Dabei braucht es sie in der Krise dringender denn je. Wir sind überzeugt: Ohne eine starke und handlungsfähige Bochumer Zivilgesellschaft können die Krisenfolgen hier vor Ort nicht abgemildert werden. Es muss alles dafür getan werden, dass die Vereine und Initiativen und damit ganz Bochum gut durch die Krise kommen.

Auch weitere gute Vorschläge lehnt die Koalition ab: Mehr Geld für den Ausbau der Radinfrastruktur samt stärkerem Einsatz von sicheren Pop-up-Radwegen? Eine Prüfung der Umgestaltung des Innenstadtrings als Einbahnstraße mit nur noch einer Autospur und damit mehr Aufenthaltsqualität? Mehr Geld für die Bochumer Vereine und Initiativen im Integrationsbereich? Kostenlose Teilnahme am Schulessen für alle Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten? Einen Fördertopf für Balkonsolargeräte? Braucht es alles nicht, finden SPD und Grüne.

Selbst der Fortführung des erfolgreichen Sportgutscheins für Erstklässlerinnen und Erstklässler kann die Koalition nicht zustimmen. Übrigens war das mal Ihre Idee, falls Sie das vergessen haben sollten. Statt aber die notwendigen Mittel jetzt in den Haushalt einzustellen, will man bei SPD und Grünen lieber das Konzept überdenken und den Gutschein erstmal auslaufen lassen. Das ist wirklich absurd. Mit der Aufnahme in den Haushalt werden Änderungen bei der Konzeption des Sportgutscheines jedenfalls nicht verhindert. Aber vielleicht haben wir die Genialität auch einfach nicht verstanden. Wahrscheinlicher ist, dass es am Ende das übliche Spiel war: Unsere Anträge werden abgelehnt und dann einige Monate später wieder als eigener Vorschlag eingebracht.

Herr Oberbürgermeister,

meine Damen und Herren,

ein Lob will ich an dieser Stelle aber aussprechen: Die Verwaltung hat sehr zu unserer Freude unseren Antrag, 500.000 Euro für die LED-Umrüstung von Flutlichtanlagen bereitzustellen, aufgegriffen und das Geld im Haushalt eingestellt. Das spart zukünftig Energiekosten und ist gut für die Umwelt.

Der Kita-Ausbau in Bochum verdient dagegen kein Lob. 327 Kinder warten in diesem Jahr auf einen Platz. Von der Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz kann da keine Rede sein. Die U3-Versorgungsquote ist dabei besonders in den Stadtteilen schlecht, wo Kita-Plätze besonders dringend gebraucht werden. Das verstärkt die soziale Spaltung zwischen den einzelnen Stadtteilen weiter und verschlechtert die Zukunftschancen der betroffenen Kinder. Wir fragen uns: Wann macht die Koalition beim Kita-Ausbau endlich Tempo?

Auch auf weitere Gesamtschulen, mindestens eine davon in Wattenscheid, muss Bochum weiter warten. Es wird sich nicht einmal auf den Weg gemacht. Dabei zeigen die Anmeldezahlen Jahr für Jahr, wie groß der Bedarf ist. Damit endlich keine Kinder mehr bei ihrer Erstwunschschule abgewiesen werden müssen, brauchen wir eine echte Erhöhung der Plätze für gemeinsames Lernen. Bisher gingen wir davon aus, dass das auch die Koalition so sieht. Initiativen für weitere Gesamtschulen gibt es aber keine. Auch notwendiges Geld für Machbarkeitsstudien im Haushalt bereitzustellen, lehnen SPD und Grüne ab. Das ist ein Fehler.

Die Liste der Lücken, die dieser Haushalt lässt, ließe sich noch weiterziehen. Ein bezahlbares Sozialticket, der Erhalt aller Hallen- und Freibäder, mehr Tempo beim Bau von Sozialwohnungen und vieles mehr fehlen. So ist dieser Haushalt sozial nicht ausgewogen und unser Stadtklima bleibt auf der Strecke.

Das alles sind gute Gründe, diesen Haushalt abzulehnen. Hinzu kommt, dass es sich wieder um einen Doppelhaushalt handelt. Wer in diesen Krisenzeiten zwei Jahre im Voraus planen will, muss eine besonders gute Glaskugel besitzen. Wir würden uns diese gerne ausborgen. Aber Spaß beiseite. Eine langfristige Festlegung für zwei Jahre verhindert eine schnelle Reaktion auf zwischenzeitlich auftauchende Probleme und Entwicklungen. Es müssen Posten im Haushalt hin und hergeschoben werden, eine sinnvolle demokratische Beteiligung wird mindestens erschwert. Jährliche Haushaltsberatungen, die von einer transparenten langfristigeren Planung begleitet werden, sind unserer Meinung nach angemessener und demokratischer. Das gilt in Krisenzeiten besonders. Unser Eindruck war, dass das die Verwaltung durchaus auch so sieht. Warum dennoch auf einen Doppelhaushalt gesetzt wird, können wir nicht nachvollziehen.

Im Ergebnis wird es Sie nicht verwundern, dass wir diesem unsozialen Doppelhaushalt nicht zustimmen werden.

Vielen Dank.