Newsletter März/April 2021

Liebe Leserinnen und Leser,

die Corona-Krise hat unsere Stadt weiterhin im Griff, und immer mehr Menschen ächzen unter den sozialen Folgen. Während zum Beispiel der Kultur- und Veranstaltungsbetrieb ruhen, finden allerdings weiterhin wichtige politische Weichenstellungen statt. Am 25. März kam der Bochumer Rat zu einer mehr als siebenstündigen Sitzung in der Jahrhunderthalle zusammen – geschützt durch Abstände und Corona-Schnelltests für alle gut hundert Beteiligten. Da die Stadtverwaltung die von uns seit Jahren geforderte Einführung des Rats-TV weiter verschleppt, bleibt dieser Newsletter als umfassende Informationsquelle zur Sitzung weitgehend konkurrenzlos. Und so berichten wir heute über neue Einschränkungen für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Bochums Kapitulation vor dem Pflegenotstand sowie von tausenden Stromsperren auch während der Corona-Krise. Außerdem geht es um unsere Initiativen für eine demokratische und soziale Digitalisierung, gegen Mieterhöhungen durch VBW-Millionenausschüttungen, und um drei Themen im Kampf gegen Rechts.

Die Themen im Einzelnen:

1. Neue Hauptsatzung: Rückschlag für Demokratie und Beteiligung
2. SPD und Grüne heben verbindliche Pflegeplanung auf
3. Bochum fährt Bewerbung zum UNESCO-Welterbe gegen die Wand
4. „Smart City“ ohne verbindliche demokratische und soziale Standards
5. Selbstgemachte Wohnungskrise: Weiter VBW-Millionenrendite
6. Trotz Corona: Weiter tausende Stromsperren bei den Stadtwerken
7. Bauprojekt „Am Ruhrort“: Stadt verweigert Klimagutachten
8. Beratung für öffentlich-private Partnerschaften?
9. Linksfraktion fordert Überprüfung von Corona-Vergaben
10. Bahnhof Höntrop: Photovoltaik und Dachbegrünung
11. Mobilstationen: Linksfraktion beantragt Sozialtarife
12. Corona und Nazi-Hooligans: Kein Problembewusstsein bei Polizei
13. Jugendarbeit fördern, AfD-Hetze zurückweisen
14. Nachgehakt 1: Rechte Schmierereien in Bochum
15. Nachgehakt 2: Hartz-IV-Sanktionen
16. Pflegenotstand: Zynische Voting-Aktion
17. Frauenkampftag: Her mit dem ganzen Leben!
18. Nur ein kleiner Erfolg: Eine zusätzliche Sozialausschuss-Sitzung
19. Trotz Protesten – keine Öffnung von Hotels für Wohnungslose
20. In eigener Sache: LINKE Gesamtfraktion wächst weiter

1. Neue Hauptsatzung: Rückschlag für Demokratie und Beteiligung

Das war keine gute Entscheidung für die Demokratie und Beteiligung: Gegen die Stimmen unserer Fraktion hat die Rathaus-Koalition das Recht von Bürgerinnen und Bürgern empfindlich eingeschränkt, sich mit Anregungen und Beschwerden an den Rat und die Bezirksvertretungen zu wenden. Konkret ging es um Änderungen in der Hauptsatzung der Stadt. In der Debatte begründete Mehriban Özdogan unseren Änderungsantrag. Wir wollten verhindern, dass die Fristen zur Einreichung von Eingaben so verlängert werden, dass Bürgerinnen und Bürger gar keine Möglichkeit mehr haben, Anregungen und Beschwerden zu kurzfristig eingebrachten Beschlusssachen vorzubringen. Ebenso wandte sich unser Antrag gegen den Vorstoß, die Liste der Ausschlussgründe für Anregungen und Beschwerden zu erweitern. „Im Wahlkampf haben Sie alle mehr Bürgerbeteiligung versprochen. Mit Zustimmung zu dieser Vorlage würden Sie genau das Gegenteil beschließen“, kritisierte Mehriban Özdogan die von den anderen Fraktionen geplanten Änderungen. „Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns das verbriefte Recht der Öffentlichkeit auf Anregungen und Beschwerden weiterhin ernstnehmen! Wenn sich Bürgerinnen und Bürger die Mühe machen, hier hin zu kommen um sich am demokratischen Prozess zu beteiligen, dann ist das doch eine Bereicherung und keine Last!“ Die Rede zur Antragsbegründung im Wortlaut. Die Ratsmehrheit lehnte jedoch nicht nur unseren Änderungsantrag ab, sondern auch eine von uns unterstützte Eingabe des Netzwerks bürgernahe Stadtentwicklung. Der Zusammenschluss von Bochumer Bürgerinitiativen hatte auf die gleichen Probleme aufmerksam gemacht und gegen den Abbau von Beteiligungsmöglichkeiten protestiert.

2. SPD und Grüne heben verbindliche Pflegeplanung auf

Ein weiteres Ergebnis dieser Ratssitzung: Trotz Pflegenotstand will Bochum die Pflegeplatz-Kapazitäten in unserer Stadt nicht mehr verbindlich planen. Im Jahr 2018 hatten wir als Linksfraktion die Einführung einer verbindlichen Pflegeplanung unterstützt, denn Pflege darf nicht allein dem Markt überlassen werden. Wir fanden gut, dass die Stadt mehr Verantwortung übernehmen und verlässlichere Rahmenbedingungen schaffen wollte. Mit den Ergebnissen der Planung waren wir längst nicht zufrieden – aber diese Rolle rückwärts ist unserer Meinung nach auf jeden Fall der falsche Weg. Mit der Fortschreibung der Planung hat die Rathaus-Koalition aus SPD und Grünen jetzt gegen unsere Stimmen die Verbindlichkeit wieder aufgehoben. „Es handelt sich also um gar keinen Plan mehr, sondern nur noch um einen unverbindlichen Bericht“, kritisierte unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi. Und sie verwies darauf, dass die Verwaltung in dem Papier zwar feststellt, dass es Aufgabe der Kommunen sei, eine „bedarfsgerechte Pflegeinfrastruktur sicherzustellen“ – dass sie aber „weder über die notwendigen finanziellen Ressourcen noch über gesetzgeberischen Kompetenzen und Steuerungsinstrumente [verfügen], um diesen sozialpolitischen Gestaltungsauftrag zufriedenstellend erfüllen zu können“. Dann sei es auch falsch, den Plan überhaupt zu verabschieden, so Gültaze Aksevi weiter: „Statt mit dieser Beschlussvorlage ja zum Pflegenotstand zu sagen, sollten wir stattdessen gemeinsam deutlich machen: Es muss Schluss sein mit der Unterfinanzierung der Pflege. Wo die Stadt Einfluss hat, zum Beispiel in den städtischen Senioreneinrichtungen, muss sie eigenständig die Arbeits- und Betreuungsverhältnisse verbessern. Und wo die Stadt keinen direkten Einfluss hat, da müssen wir alle gemeinsam mehr Druck auf die Bundes- und Landespolitik machen: Als Stadtverwaltung, als lokale Politik, und als Zivilgesellschaft. Schritt eins dafür ist zu sagen: Eine unverbindliche Planung, die die Probleme nicht lösen kann, reicht nicht aus.“ Die Rede im Wortlaut.

3. Bochum fährt Bewerbung zum UNESCO-Welterbe gegen die Wand

Die Mehrheit im Bochumer Rat hat beschlossen, die Bewerbung der „Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ zum UNESCO-Welterbe scheitern lassen zu lassen. Das ist unserer Meinung nach ein großer Verlust für den Denkmal- und Landschaftsschutz. Unseren Änderungsantrag hat die Rathauskoalition abgelehnt. Wir hatten beantragt, das von 41 Ruhrgebiets-Städten und Kreisen unterstützte Bewerbungsverfahren ebenfalls mitzutragen. Mit der jetzt getroffenen Entscheidung torpediert die Stadt Bochum die gesamte Bewerbung, denn das Land NRW setzt die Unterstützung aller beteiligten Kommunen zwingend voraus. Zu Beginn der Ratssitzung hatte unser Fraktionsvorsitzender Horst Hohmeier bereits beantragt, der Bitte der Industriedenkmalstiftung zu entsprechen und die Beschlussfassung zu verschieben. In einem Brief hatte die Stiftung erklärt, dass die Vorlage der Verwaltung „diverse fehlerhafte Aussgen“ enthalte, die darauf zurückzuführen seien, dass die Stadt Bochum mehrere Gesprächsangebote abgelehnt habe. Doch die Rathauskoalition ließ sich nicht auf eine Verschiebung ein. „Das Verhalten von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und seiner Verwaltung ist unverantwortlich gegenüber unserer Region“, hatte Horst Hohmeier bereits im Vorfeld erklärt. „Die Bewerbung zum UNESCO-Welterbe ist deutlich nachhaltiger als beispielsweise der Versuch, an einer möglicherweise bereits gescheiterten Olympia-Bewerbung festzuhalten. Das Welterbe-Projekt bezieht regionale Grünzüge und Eisenbahntrassen als nachhaltige Lebensadern des Ruhrgebiets ein. Die Renaturierung der Emscher, ein Jahrhundertprojekt, spielt ebenfalls eine Rolle. Diese Maßnahmen überzeugen auch unter ökologischen Gesichtspunkten.“ Die Liste der Industriedenkmäler sei für Bochum ebenso spannend. Statt das Verfahren zu boykottieren und zum Scheitern forderte er, dass sich Bochum aktiv in den Prozess einbringt und auch Gedenkorte wie das ehemalige Zwangsarbeiterlager an der Bergener Straße auf die Liste aufnehmen lässt. Mehr Infos.

4. „Smart City“ ohne verbindliche demokratische und soziale Standards

Bochum hat jetzt ein „Smart City Konzept“ – leider ohne verbindliche demokratische und soziale Standards, welche wir beantragt haben. Die sind aber unserer Meinung dringend notwendig, denn Auftragsvergaben im Bereich der Digitalisierung können ein Einfallstor für Großkonzerne und Datenraub sein. Bei dem Thema steht die Stadt Bochum großen Software-, Hardware- und Dienstleistungskonzernen gegenüber, die in der Digitalisierung der Kommunen vor allem einen milliardenschweren Markt sehen. Mit großen Lobby-Bemühungen und viel Werbeaufwand wollen sie ihre Produkte in den Städten positionieren. Mit unserem Änderungsantrag wollten wir sieben Grundsätze verankern, an die sich die Stadt bei Vertragsabschlüssen zwingend halten muss: Es ging uns um größtmögliche Datensparsamkeit, ein Verbot des Verkaufs von Daten, verbindliche Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Verpflichtung zur Veröffentlichung aller Vertragsbedingungen vor Vertragsabschlüssen. Darüber hinaus wollten wir sicherstellen, dass kostenfreie Weiterbildungsangebote jeweils Teil der Projekte werden – und dass sichergestellt ist, dass sich durch die Einführung digitaler Angebote der Zugang zu Informationen und Dienstleistungen für Menschen, die den digitalen Weg nicht nutzen, nicht verschlechtert. Außerdem wollten wir den Grundsatz verankern, dass jeglicher Programmcode, der im Rahmen von Smart-City-Projekten durch öffentliche Gelder finanziert wird, über eine OpenSource-Lizenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Auf solche verbindliche Regeln wollte sich die Ratsmehrheit aus SPD und Grünen leider nicht einlassen. Mehr Infos zu unseren konkreten Forderungen, für die wir uns weiterhin einsetzen werden.

5. Selbstgemachte Wohnungskrise: Weiter VBW-Millionenrendite

Im Kommunalwahlkampf waren durchaus andere Töne zu hören, aber in der praktischen Politik grüßt bei den Bochumer Grünen und der SPD dann doch wieder das Murmeltier: Erneut hat die Rathaus-Koalition dafür gestimmt, dass die mehrheitlich städtische Wohnungsgesellschaft VBW insgesamt drei Millionen Euro an Gewinnen an ihre Anteilseigner ausschütten soll – hauptsächlich an Tochtergesellschaften der Stadt selbst. Unterstützt wurden sie dabei von der CDU und einer Reihe von kleineren Fraktionen. Angesichts von Corona und der Krise beim bezahlbaren Wohnraum hatten wir dagegen beantragt, dass die drei Millionen Euro zur Senkung der Mieten verwendet werden sollen. Unser Antrag im Wortlaut. In seiner Antragsbegründung wies unser Ratsmitglied Moritz Müller darauf hin, dass der Mieterverein ausgerechnet hat: Ohne diese Gewinnausschüttung könnte jede freifinanzierte VBW-Wohnung 50 Cent pro Quadratmeter und Monat günstiger sein. Statt die Mieterinnen und Mieter zu entlasten und die Mietpreis-Spirale in unserer Stadt zu verlangsamen, halten die SPD und die Grünen aber lieber an den Gewinnausschüttungen fest. Diese Wohnungspolitik kommt alle Bochumerinnen und Bochumer teuer zu stehen. Als Linksfraktion treten wir insgesamt dafür ein, die VBW statt auf die Erwirtschaftung von Millionengewinnen auf konkrete gemeinwohlorientierte Ziele zu verpflichten.

6. Trotz Corona: Weiter tausende Stromsperren bei den Stadtwerken

Von Mitte März bis Ende Juni 2020 haben die Stadtwerke wegen des Corona-Moratoriums auf Bundesebene niemandem wegen Zahlungsrückständen den Strom abgedreht – und dennoch ist die Zahl der Stromsperren im vergangenen Jahr weiterhin besorgniserregend hoch: 2.298 Haushalten wurde im restlichen Zeitraum des Jahres der Strom gesperrt. Das ist das Ergebnis einer Anfrage unserer Fraktion. Angedroht wurde die Sperrung insgesamt sogar 9.853 Haushalten. Wegen des Moratoriums liegen die Zahlen damit zwar unter dem dramatischen Rekord aus dem Vorjahr, als die Stadtwerke erstmals mehr als 4.000 Stromsperren tatsächlich vorgenommen hatten. Anzeichen für eine nachhaltige Trendwende gibt es allerdings leider überhaupt nicht. Als Linksfraktion haben wir wiederholt einen Verzicht auf Strom- und Gassperren sowie die Einführung von Sozialtarifen beantragt. Denn ein menschenwürdiges Wohnen ohne Strom und Gas ist praktisch nicht möglich. Die Sperren verursachen außerdem zusätzliche Kosten für Haushalte, die sich sowieso schon in einer finanziellen Notlage befinden. Die Antwort der Verwaltung im Wortlaut.

7. Bauprojekt „Am Ruhrort“: Stadt verweigert Klimagutachten

Die Stadtverwaltung will weiter kein Klimagutachten zu dem umstritteten Bauprojekt „Am Ruhrort“ erstellen – obwohl dies von ihrer eigenen Stabstelle Klimaschutz gefordert worden war. Das ist ein Ergebnis unserer Anfrage zu dem Bebauungsplan-Entwurf für das 2,7 Hektar große Gebiet. So räumt die Verwaltung zwar ein, dass das Plangebiet „durch hohen Oberflächenabfluss bei Starkregen gefährdet“ ist, streitet jedoch eine Hitzebelastung oder eine Beeinträchtigung von Frischluftschneisen ab. Die Funktion der Fläche im Sinne eines Kaltluftsammelbeckens sei wegen der angrenzenden Bebauung „bereits […] gestört“. Also könne man den Rest auch noch zubauen, so die Logik – auch wenn durch die Planung den Vorgaben des städtischen Klimaanpassungskonzeptes „nicht vollständig gefolgt“ wird, schreibt die Verwaltung. Die Antwort der Verwaltung im Wortlaut. Nicht nur unsere Fraktion, sondern auch die Bürgerinitiative „Grabeland am Ruhrort“ und das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“ hatten im Vorfeld erhebliche Mängel im bisherigen Verfahren gerügt und ergänzende Gutachten gefordert. Der Antrag der LINKEN, den Satzungsbeschluss zu vertagen, fand in der Bezirksvertretung Süd keine Mehrheit. Allerdings zog die Verwaltung die Beschlussvorlage im Anschluss überraschend zurück. „Die Denkpause muss jetzt genutzt werden, um ein unabhängiges Klimagutachten und ein Umweltgutachten in Auftrag zu geben“, forderte damals unser Ratsmitglied Mehriban Özdogan. Mehr Infos.

8. Beratung für öffentlich-private Partnerschaften?

Gegen die Stimmen der Linksfraktion hat der Bochumer Rat beschlossen, dass die Stadt Bochum unmittelbare Teilhaberin der Beratungsgesellschaft „PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH“ wird. Warum wir das für eine schlechte Idee halten, hat in der Debatte unser Ratsmitglied Moritz Müller erklärt: „In der Vergangenheit ging es bei der PD im Regelfall um Beratungen, die auf öffentlich-private Partnerschaften, sogenannte ÖPPs, abgezielt haben. Das ist ja im Kern auch die Gründungs-DNA der PD, und diese Ausrichtung hat das Bundesfinanzministerium als großer Anteilseigner Ende 2017 bekräftigt. So war die PD von Anfang an auch eine Möglichkeit für Lobbyistinnen und Lobyisten, recht problemlos und sehr direkt Einfluss auf die Politik zu nehmen.“ Weiter verwies Moritz Müller darauf, dass die Rechnungshöfe auf Bundes- und Landesebene ÖPP-Projekte regelmäßig und völlig zu Recht kritisieren. „Es kann nicht sein, dass öffentliche Aufgaben und/oder öffentliches Eigentum auf Private übertragen werden und in der Regel dann garantierte Einnahmen winken, gleichzeitig aber die vertraglichen Risiken überwiegend von der  öffentlichen Hand getragen werden sollen. Wir finden: Es muss Schluss sein mit der Privatisierung von Gewinnen und der Vergemeinschaftung von Risiken und Verlusten.“ Die Rede im Wortlaut.

9. Linksfraktion fordert Überprüfung von Corona-Vergaben

Die Stadt Bochum soll Auftragsvergaben für pandemiebedingt benötigte Produkte (Masken, Corona-Schnelltests, Luftfiltergeräte, Schutzausrüstung usw.) noch einmal intensiv überprüfen. Das haben wir mit einer Anfrage im Rat gefordert. Von der Verwaltung wollen wir zudem wissen, ob Mitglieder des Rates, des Landtages oder des Bundestages mit Hinweisen oder Vermittlungsangeboten Einfluss auf Auftragsvergaben der Stadt genommen haben. Hintergrund sind die bundesweit bekannt gewordenen Korruptionsskandale, die nicht nur Bundestagsabgeordnete betreffen, sondern auch einige Kommunen. „Die persönliche Bereicherung Einzelner darf sich aber nicht zu einem Schaden für die Demokratie insgesamt ausweiten“, sagt Moritz Müller, der unsere Fraktion unter anderem auch im Rechnungsprüfungsausschuss vertritt. „Wir fordern deshalb von der Bochumer Verwaltung maximale Transparenz und eine lückenlose Überprüfung der Vergaben für pandemiebedingt benötigte Produkte.“ Konkret fragen wir an, welche Vergaberegeln bei der Stadt während der Corona-Krise vereinfacht und verändert wurden, und ob es Hinweise auf Parteispenden, Provisionszahlungen oder Sponsoring im Zusammenhang mit Corona-Aufträgen gibt. „Bei der Stadt haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vergangenen Jahr auch mit vielen Überstunden einen klasse Job gemacht“, so Moritz Müller weiter. „Ihre Arbeit verdient großen Respekt. Sie darf nicht durch jene in ein schlechtes Licht gerückt werden, die sich in der Krise die Taschen vollgemacht haben.“ Unsere Anfrage im WortlautMehr Infos.

10. Bahnhof Höntrop: Photovoltaik und Dachbegrünung

Wenn am Bahnhof Höntrop auf der bisherigen Parkplatzfläche ein Parkhaus gebaut wird, dann soll die Verwaltung prüfen, ob bzw. wie die Dachfläche des Parkhauses je nach Gegebenheiten für Photovoltaik-Anlagen genutzt und/oder begrünt werden kann. Das hat der Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur nach einem Änderungsantrag unserer Fraktion beschlossen. Unser sachkundiger Bürger Wolfgang Möller begründete auf der Sitzung den Antrag: In Zeiten des Klimanotstands soll die Verwaltung jeweils von Anfang an die Nutzung von Dachflächen für Strom- und Wärmeerzeugung sowie zur Begrünung mit einplanen. Während Wolfgang Möller die Ausschuss-Mehrheit nicht davon überzeugen konnte, eine entsprechende Planung sofort in Auftrag zu geben, erklärten sich die anderen Fraktionen zumindest bereit, einen entsprechenden Prüfauftrag mitzutragen. Das ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

11. Mobilstationen: Linksfraktion beantragt Sozialtarife

Weniger kooperativ zeigte sich die Mehrheit im Mobilitätsausschuss bei einer anderen Frage, die uns allerdings mindestens genauso wichtig ist: Und zwar will die Stadt Bochum in Zusammenarbeit bin dem VRR in allen Stadtbezirken sogenannte „Mobilstationen“ schaffen. An den Stationen sollen Fahrplan-Anzeigetafeln, Radstellplätze, Ticketautomaten usw. mit weiteren Angeboten wie Rad- und E-Scooter-Leihstationen verbunden werden. Insgesamt ein gutes Konzept, das wir unterstützen – wenn die Angebote so gestaltet sind, dass sie von allen genutzt werden können. Deswegen haben wir beantragt, dass die Verwaltung bei der Planung der Mobilstationen und insbesondere bei der Entwicklung und Bewertung von Betreibermodellen die Nutzbarkeit des Angebots durch Menschen mit geringem Einkommen sicherstellt, beispielsweise durch die Einführung von Sozialtarifen. Eine solche soziale Verpflichtung wollte die Rathaus-Koalition aus SPD und die Grünen leider nicht mittragen. Das ist ein Problem, denn die Mobilitätswende kann unserer Meinung nach nur gelingen, wenn sich alle die Angebote leisten können. Unser Antrag im Wortlaut.

12. Corona und Nazi-Hooligans: Kein Problembewusstsein bei Polizei

In Bezug auf die Teilnahme von Nazi-Hooligans an Anti-Pandemieschutz-Demonstrationen in unserer Stadt machen es sich die Stadt und Polizei einfach. Wir hatten eine Anfrage zur Corona-Kundgebung am 2. Januar gestellt, die zu dieser Ratssitzung beantwortet wurde. Es geht um das Auftreten der „Bruderschaft und Schwesternschaft Deutschland“, einer gewaltbereiten Mischstruktur von Neonazis, Rockern und Hooligans. Bei Hausdurchsuchungen wurden bei Mitgliedern der Gruppe Waffen gefunden. Während der Bochumer Kundgebung hatten sich gut 20 Mitglieder der Gruppe strategisch um den Husemannplatz herum positioniert, so dass sie den Zu- und Abgang von Menschen gezielt kontrollieren konnten. Dennoch wurde die Kundgebung lediglich von einigen wenigen Kräften von Polizei und Ordnungsamt begleitet. So kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dern Nazi-Hools mit anderen Personen in der Innenstadt. Neben taktischen Distanzierungen erklärte ein Redner der coronaskeptischen Kundgebung später, dass die „Bruder- und Schwesternschaft“ auf ihren Wunsch hin anwesend sei. Wenn die Antwort der Verwaltung auf unsere Anfrage überhaupt etwas dokumentiert, dann vor allem das fehlende Problembewusstsein bei der Stadt und der Polizei. So verweigern die Verantwortlichen eine Antwort zur Polizeistrategie, und auch dazu, warum die Behörden trotz des Auftretens der gewaltbereiten Gruppe nur mit so wenigen Kräften vor Ort war. Stattdessen verweist die Verwaltung lediglich völlig unspezifisch auf das Recht auf Versammlungsfreiheit. Zum Versuch der Nazi-Hooligans, weglaufende Menschen zu ergreifen, behauptet die Polizei lediglich, dass die „Auseinandersetzung […] unmittelbar durch die anwesenden Polizeikräfte unterbunden“ worden sei. Tatsächlich war es aber so, dass die extrem rechten Hooligans Menschen bis in die Harmoniestraße verfolgen konnten. Diesen lapidaren Umgang mit dem Auftreten extrem rechter Gruppen in Bochum halten wir für völlig falsch, denn er ist geeignet, die extrem rechten Strukturen zu stärken. Die Antwort der Verwaltung im Wortlaut.

13. Jugendarbeit fördern, AfD-Hetze zurückweisen

„Durchschaubare rechte Hetze“ – so hat unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi den Angriff der AfD auf den Jugendverband „SJD – Die Falken“ in Bochum bezeichnet. Die rechte Partei hat in der Bezirksvertretung Süd dagegen polemisiert, dass Projekte der Falken in der städtischen Spielleitplanung berücksichtigt sind. „Es ist überhaupt nicht verwunderlich, dass eine rassistische Partei etwas gegen einen anerkannten Träger der Jugendarbeit hat, der sich seit Jahrzehnten erfolgreich für gleiche Rechte und ein friedliches Zusammenleben engagiert“, so Gültaze Aksevi weiter. „Wer Kinder und Jugendliche mit guten pädagogischen Konzepten fördert und Nachbarschaften zusammenbringt, leistet einen wichtigen Beitrag um rechtem Hass die Grundlage zu entziehen. Dass der AfD das nicht gefällt, ist klar. Trotzdem ist wichtig, solche Manöver zurückzuweisen. In der Vergangenheit hat die Partei bereits probiert, die städtische Förderung für die freie Kulturszene in Frage zu stellen. Deshalb sagen wir ganz klar: Angriffe auf die Zivilgesellschaft in unserer Stadt und auf die Vielfalt an selbstorganisierten Angeboten werden wir nicht als Normalität akzeptieren.“ Konkret geht es um Spielmobil-Einsätze, ein Projekt für Lastenräder, eine Siebdruck-Anlage, das Jugendmobil Eumel, ein Trampolin am Falkenheim Akademiestraße und neue Sitzbänke am Falkenheim Bergen, die laut AfD nicht finanziert werden sollen. Als Linksfraktion unterstützen wir diese Projekte ausdrücklich und fordern insgesamt eine Erhöhung der Mittel für die Spielleitplanung, um mehr Angebote für Kinder und Jugendliche in allen Bochumer Stadtteilen zu ermöglichen. Die Erklärung im Wortlaut.

14. Nachgehakt 1: Rechte Schmierereien in Bochum

Sie sind weit mehr als nur ein Ärgernis und eine Sachbeschädigung: Mit Hass-Schmierereien, Hakenkreuzen und ähnlichem versuchen Neonazis im öffentlichen Raum Präsenz zu zeigen.  Daher fragen wir an, viele extrem rechte Schmierereien und Graffiti der Stadt Bochum in den Jahren 2018, 2019, 2020 sowie bisher in diesem Jahr 2021 gemeldet wurden, zum Beispiel über den Mängelmelder der BürgerEcho-App. Wir wollen auch wissen, ob es dabei lokale Häufungen gibt, und wie die Stadt Bochum auf solche Meldungen reagiert. Darüber hinaus fragen wir nach der Zahl der  Anzeigen und Strafverfahren wegen extrem rechten Schmierereien und Graffiti in Bochum. Die Anfrage im Wortlaut.

15. Nachgehakt 2: Hartz-IV-Sanktionen

Um die soziale Entwicklung in Bochum weiter zu dokumentieren, haben wir zu dieser Ratssitzung eine weitere Anfrage an die Verwaltung gestellt: Wir erfragen in zehn Einzelpunkten, wie sich die Sanktionspolitik des Bochumer Jobcenters in den vergangenen beiden  Jahren entwickelt hat. Wir wollen wissen, wie viele Menschen in unserer Stadt von Leistungskürzungen betroffen sind. Außerdem sollen uns die Behörden die Gründe für die Kürzungen und Streichungen darlegen, und wir wollen wissen, wie viele Klagen und Widersprüche es dagegen gab. Darüber hinaus fordern wir Zahlen dazu ein, in wie vielen Fällen Widerspruchsverfahren letztendlich erfolgreich waren – wie häufig das Bochumer Jobcenter also Leistungen nachweislich zu Unrecht kürzen wollte oder gekürzt hat. Über die Antwort werden wir berichten. Die Anfrage im Wortlaut.

16. Pflegenotstand: Zynische Voting-Aktion

Nein, das ist kein Scherz: Per offizieller Pressemitteilung rufen Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und die Stadt Bochum zu dem Wettbewerb „Deutschlands beliebteste Pflege-Profis“ auf. Das Konzept: Per Online-Abstimmung soll herausgefunden werden, wer die beliebteste Pflegekraft Deutschlands ist – um ihre Beliebtheit dann mit einer Einmalzahlung von 2.000 Euro zu belohnen. Angesichts der Arbeitsbelastungen in der Corona-Krise finden wir das zynisch und fordern faire Löhne für alle Pflegekräfte. Bei dem von der Stadt unterstützten Wettbewerb handelt es sich um eine Werbeaktion der privaten Krankenversicherungen. „Wenn ein Lobbyverband aus der Anerkennung für Pflegekräfte ein Beliebtheits-Voting mit ganz wenigen Gewinnerinnen und Gewinnern machen will, dann ist das seltsam genug“, sagte Gültaze Aksevi. „Von der Stadt und ihrem Oberbürgermeister erwarten wir jedoch, sich nicht auf das Niveau von RTL-Castingshows herabzulassen.“ Unsere Erklärung im Wortlaut.

17. Frauenkampftag: Her mit dem ganzen Leben!

In Bochum und überall: Her mit dem ganzen Leben!“ Unter diesem Titel haben wir zusammen mit dem Kreisverband der Bochumer LINKEN und unserer Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen gemeinsame Forderungen zum Internationalen Frauenkampftag veröffentlicht. Besseren gesundheitlichen Schutz und soziale Absicherung für Frauen in unsicheren Arbeitsverhältnissen, mehr Pandemie-kompatible Unterstützung durch die Stadt bei Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen – das sind nur zwei der insgesamt 15 Forderungen, die wir in dem Papier vorgetragen haben. Denn in der Corona-Krise hat sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verschärft, aber die Regierenden auf Bundes- und Landesebene sowie auch vor Ort in Bochum unternehmen viel zu wenig, um dem entgegenzutreten. Um mit anderen Frauen darüber ins Gespräch zu kommen, haben wir die gemeinsame Erklärung unter anderem vor dem St.-Josefs-Hospital verteilt – jeweils zusammen mit einer roten Nelke. Fotos von der Aktion. „Wir wollen uns nicht nur bei den Beschäftigten für ihre unersetzliche Arbeit bedanken“, sagte unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi. „Vor allem wollen wir uns darüber austauschen, wie wir gemeinsam den Druck für bessere Arbeitsverhältnisse, gleiche Rechte und ein Ende des Pflegenotstands erhöhen können. Schließlich ist der Internationale Frauenkampftag ein Tag für eine bessere Zukunft für uns alle!“

18. Nur ein kleiner Erfolg: Eine zusätzliche Sozialausschuss-Sitzung

Bereits am 3. März hat der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Bochumer Rats getagt – zum ersten Mal in diesem Jahr überhaupt. Schon im Vorfeld gab es Kritik, weil der Ausschuss trotz Corona dieses Jahr insgesamt nur fünf Mal zusammentreten soll. Daher haben wir beantragt, dass in diesem Jahr mindestens zwei zusätzliche Sitzungen stattfinden sollen. „Wir befinden uns aktuell in der größten gesundheitlichen und sozialen Krise seit Jahrzehnten“, sagte unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi in der  Debatte. „Es ist unsere Aufgabe, Lösungen für die großen sozialen Probleme der Corona-Krise auf den Weg zu bringen. Politik darf sich da nicht wegducken!“ Zwar lehnte die Ausschuss-Mehrheit angeführt von SPD, Grünen und CDU den Antrag ab, einen Teilerfolg gibt es trotzdem zu vermelden: So erklärte sich die Ausschuss-Vorsitzende Ayse Balyemez nach unserem Vorstoß zumindest bereit, im Oktober zu einer zusätzlichen Sitzung einzuladen. Dieser eine zusätzliche Termin ändert allerdings nichts daran, dass teilweise mehr als zweieinhalb Monate zwischen den einzelnen Ausschuss-Sitzungen liegen – nach Meinung der Linksfraktion angesichts der dynamischen Krisenentwicklungen eine viel zu lange Zeit.

19. Trotz Protesten – keine Öffnung von Hotels für Wohnungslose

Abgelehnt hat die Ausschuss-Mehrheit auch unseren Antrag „Öffnung von Hotels für Wohnungslose, Erweiterung des Kältekonzepts“. Damit stellte sich die Rathaus-Mehrheit gegen die gemeinsame Forderung von 34 Bochumer Organisationen. Sozialdezernentin Britta Anger argumentierte, dass die Plätze in den Notschlafstellen nicht vollständig ausgelastet seien. Gültaze Aksevi entgegnete: „Fest steht, die aktuellen Angebote erreichen nicht alle Menschen in Not. Das Angebot einer Unterbringung Hotelzimmern kann nicht schaden, aber hat zumindest das Potential, einige zusätzliche Menschen davon abzuhalten ihr Leben draußen zu riskieren.“ Einwände, dass der Antrag zu spät komme, weil der Winter bereits vorbei sei, wies sie energisch zurück: „Die Unterbringung von Obdachlosen in Hotels haben wir bereits im vergangenen April beantragt. Besser wäre es gewesen, das damals zu beschließen. Aber ich möchte daran erinnern: Die ersten bekannten Kältetoten in Deutschland gab es diesen Herbst bereits im September. Um auf der Straße zu erfrieren, braucht es keine Minus-Temperaturen.“ All diese Argumente ließ die Rathaus-Koalition abblitzen. Als Linksfraktion werden wir uns trotzdem weiterhin für die substanzielle Überarbeitung des städtischen Kältekonzepts einsetzen. Um diesen Prozess voranzutreiben, haben wir bereits zu dieser Sitzung eine Anfrage eingereicht: Im dem Konzept schreibt die Stadt nämlich, dass sie für den gesamten Winter 2020/21 insgesamt 30 „Notfallpakete“ zusammenstellt habe, welche „jeweils aus einem Rucksack, einem Schlafsack, einer Iso-Matte und einem Hygienepaket“ bestehen. Angesichts der Tatsache, dass die lokalen Träger der Obdachlosenhilfe jeden Winter hunderte von Schlafsäcken verteilen, wollen wir von der Verwaltung wissen: Welcher Beitrag sollte mit dieser sehr kleinen Anzahl geleistet werden? Ist zumindest geplant, die Zahl für den kommenden Winter substanziell zu erhöhen? Und können entsprechende Notfallpakete vielleicht durch aktiv wärmende Ausrüstung ergänzt werden? Die Anfrage im Wortlaut.

20. In eigener Sache: LINKE Gesamtfraktion wächst weiter

Ein halbes Jahr nach den Kommunalwahlen hat der Bochumer Rat inzwischen auch die städtischen Beiräte gegründet. Wir freuen uns, dass die Gesamtfraktion der Bochumer LINKEN dadurch größer geworden ist: Auf Vorschlag unserer Fraktion wird Uli Borchers im wissenschaftlichen Beirat des Stadtarchivs mitarbeiten.  In den Beirat für Frauen, Geschlechtergerechtigkeit und Emanzipation wurde für DIE LINKE  Joanne Rages gewählt. Im Beirat Leben im Alter werden wir von Irene Lehmann vertreten. Außerdem hat der Rat  auf Vorschlag unserer Fraktion Michael Niggemann als zusätzlichen sachkundigen Einwohner im Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales benannt. Uli, Joanne, Irene und Michael, herzlich Willkommen in unserer Gesamtfraktion! Wir freuen uns auf eine tolle Zusammenarbeit!